Olaf Waterstradt: Bananen, Banken und Banausen


Olaf Waterstradt - Leseprobe 1

Oma, Opa und die fremde Frau / ein Auszug aus "Bananen, Banken und Banausen"

 

„Hier, kuck mal Charlotte, das wär doch das Richtige.“

„Was ist denn das?“

„Ein Navi!“

„Ein was?“

„Ein Navigationsgerät!“

„Aber Hermann, was willst du damit? Du hast doch gar kein Schiff!“

„Das ist ein Navi fürs Auto!“

„Hermann, wozu brauchst du noch so ein Navi ... Navigationsgerät? Du wirst zweiundachtzig.“

„Solange ich noch Auto fahre, kann ich auch ein Navi gebrauchen, Charlotte.“

„Aber du fährst doch gar nicht mehr viel.“

„Du lässt mich ja nicht.“

„Hast du die mitgenommene Ampel, den eingefahrenen Gartenzaun und die umgeknickte Parkuhr schon vergessen?“

„Siehst du, das alles wäre mit Navi nicht passiert. Das sagt nämlich an, wenn du verkehrt bist.“

„Hermann, gegen deine Fahrkünste wäre auch das beste Navi machtlos. Du kannst dich einfach nicht mehr so konzentrieren, und dann der viele Verkehr. Ich weiß ja, dass du vorsichtig fährst, ich könnte wetten, im Umkreis von zweihundert Kilometern ist keiner langsamer als du. Aber das allein macht es nicht. Sieh das doch ein.“

„Meine liebe Charlotte. Die Ampel war neu, die stand vorher nicht da, der Gartenzaun war beim Rückwärtsfahren im Dunkeln nicht zu sehen, und die Parkuhr, die hatte ich gar nicht im Rückspiegel.“

„Und was ist mit dem Schaden von Nachbars Wagen, der stand am helllichten Tag in der Parkspur.“

„Ach, wärm doch nicht immer diese ollen Kamellen auf, das ist schon mehr als vier Wochen her ...“

„Überleg doch mal Hermann, wann brauchst du mal ein Navi? Du fährst doch viel zu selten. Und wenn du mal fährst, dann nur bei uns in der Stadt. Da kennst du doch jede Ecke.“

„Und wenn ich mal in eine andere Stadt muss, denn weiß ich nicht, wie ich fahren soll. Da ist doch so eine kleine Hilfe genau das Richtige für mich. Schau mal her, Charlotte.“

„Nein, ich schau nicht!“

Der erfahrene, Frauen verstehende Pädagoge sprach mit einfühlsamer Stimme: „Du sollst jetzt hierher kucken, verdammt noch mal!“

Charlotte schaute auf das Navi, die Kunden des überfüllten Elektronik-Fachmarktes auf Charlotte.

„Und wie funktioniert das?“

„Das ist ganz einfach Ich brauche nur einzutippen, wo ich hin will, und schon sagt mir eine Frau, wo ich langfahren muss..“

„Welche Frau?“

„Kenne ich nicht, eine Frau eben, eine Fremde!“

„Eine fremde Frau kommt mir nicht ins Auto, Hermann! Hast du gehört, keine fremde Frau!“

„Kommt sie ja auch nicht, sie sieht mich über einen Satelliten.“

„Ja, das glaub man, dass sich eine fremde Frau die Zeit nimmt, dich übern Satelliten zu beobachten. Wenn die Firmen was loswerden wollen, versprechen sie dir alles. Der Mann von der Stromversorgung hat auch versprochen, es wird nicht teurer ... Und was ist draus geworden? Siehst du! Und du glaubst, dass sich eine wildfremde Frau auf einen Satelliten setzt und kuckt, wo du grade bist und wo du hinfährst! Hermann! Was ist zum Beispiel, wenn deine Fremde mal zum Arzt muss oder etwas vorhat? Die kann doch nicht immer warten, bis du sie mal brauchst. Ich würde mich nicht darauf verlassen, Hermann. Vielleicht wird auch mal ihr Kind krank. Hat sie Kinder?“

Ein Verkäufer eilte herbei und fragte, ob er behilflich sein könne.

Hermann nutzte die Gunst des Augenblicks und gab ihm zu verstehen, dass seine Frau gern ein Navi hätte und nicht wisse, für welches sie sich entscheiden solle.

Charlottes Blutdruck schnellte nach oben, ihre Mundwinkel erinnerten eher an die unserer Kanzlerin nach Bekanntwerden der Bankenkrise.

Dem geschulten Verkäuferauge entging nicht, dass Hermanns Augen sehnsuchtsvoll ein bestimmtes Gerät im Visier hatten.

Rein zufällig stellte der Verkaufsfreudige ihnen genau dieses vor, erklärte dieses und jenes und bemerkte abschließend: „Wir haben dasselbe Gerät auch noch mit Stauumfahrung.“

„Hermann, eine Stauumfahrung brauchst du nicht. Der Stau ist immer erst hinter dir!“

Dieses wertete Hermann als grünes Licht für den Kauf. Auf Charlottes Wange landete ein Küsschen, im Korb ein Navi.

„Ich geb dir auch mal einen Kaffee aus, wenn’s irgendwo passt“, war Hermann dankbar. Charlotte hätte in diesen Augenblicken ein Beruhigungstee besser getan.

„Hab auch extra nicht so ein teures genommen, hast ja gesehn, was die andern Dinger kosteten“, versuchte Hermann den Familienfrieden wiederherzustellen.

„Wenn du wirklich einmal irgendwo nicht weiter weißt, dann hättest du immer noch jemanden fragen können.“

„Und wenn keiner da ist, den du fragen kannst?“

„Da, wo du mit dem Auto fährst, Hermann, ist immer einer, den du fragen könntest. In Ecken, wo kein Mensch nicht ist, da fährst du auch nicht mit dem Auto hin.“

„Man weiß ja nie, und dann ist es doch besser, vorbereitet zu sein.“

Stolz, als hätte er einen Pokal gewonnen, verließ Hermann den Markt. In der linken Hand den Beutel mit seinem Schmuckstück, an der rechten sein Schmuckstück mit mehreren Beuteln...

 

Ob Herbert mit seinem Navi klarkommt, und was seine Charlotte mit der unbekannten Ansagerin erlebt, erfahren Sie in "Bananen, Banken und Banausen". Darüber hinaus gibt es jede Menge weiterer Episoden, die Sie zum Lachen bringen werden...